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Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln, Teil 1: Laktoseintoleranz

Die Verträglichkeit von Nahrungsmitteln ist immer wieder ein Thema. Mal wird es vernachlässigt, mal zum Allerweltsgrund für jede erdenkliche Krankheit gemacht. Für Menschen, die ständig Beschwerden im Magen-Darm-Trakt haben, können sie eine wichtige Ursache sein. Mit dieser Artikel-Serie möchten wir etwas Klarheit in den Informations-Dschungel bringen.

Die Milchzucker-Verdauung

Laktose ist eine andere Bezeichnung für Milchzucker.  Wie der Name sagt, kommt Laktose in Milch vor, wobei Muttermilch den höchsten Laktosegehalt hat. Bei Gärprodukten wie Jogurt oder Käse nimmt der Gehalt ab, Hartkäse ist praktisch laktosefrei. 

 

Laktose ist aus zwei unterschiedlichen Zuckern zusammengesetzt: Einem Stück Glucose (Traubenzucker) und einem Stück Galactose. Um verdaut werden zu können, muss Laktose im Darm zuerst aufgespalten werden. Als Werkzeug dazu dient ein Enzym, das an der Oberfläche der Darmzellen sitzt, die Lactase. Es spaltet den Zucker auf, damit die Einzelteile über die Darmzellen ins Blut aufgenommen werden können.

 

Bei Laktoseintoleranz ist zu wenig oder gar kein Enzym vorhanden. Statt vom Menschen wird die Laktose dann von den Darmbakterien verwendet. Die dabei entstehenden Gärprodukte sorgen für die bekannten Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall und Verstopfung.

 

In einer biochemischen Reaktion wird Lactose von der Lactase zu Glucose und Galactose aufgespalten. Nur so ist eine Verwertung durch den menschlichen Organismus möglich.
In einer biochemischen Reaktion wird Lactose von der Lactase zu Glucose und Galactose aufgespalten. Nur so ist eine Verwertung durch den menschlichen Organismus möglich.

Enzymmangel ("Primäre Laktoseintleranz")

Die häufigste Form der Intoleranz kommt daher, dass die Darmzellen weniger Lactase-Enzym produzieren. Dies ist an sich ein natürlicher Vorgang. Denn eigentlich braucht der Mensch die Fähigkeit zur Milchverdauung nur im Säuglingsalter.

 

Mit der Viehzucht vor ca. 10'000 Jahren erhielt Milch jedoch einen dauerhaften Stellenwert in der menschlichen Ernährung, sodass die Fähigkeit zur Milchverdauung sich verstärkt. Trotzdem nimmt diese Fähigkeit mit steigendem Alter ab. Bis zu 70% der erwachsenen Bevölkerung hat daher zumindest eine teilweise Laktoseintoleranz.  

 

Die Ausprägung ist aber individuell und je nach Land sehr unterschiedlich. Längerer Verzicht auf Milch kann die Entstehung einer Intoleranz beschleunigen. Sehr selten fehlt die Lactase genetisch bedingt ab Geburt, Beschwerden treten dann bereits als Säugling auf. 

Schädigung der Darmwand ("Sekundäre Laktoseintoleranz")

Die Aufgabe des Dünndarms ist es, Nährstoffe aufzunehmen. Dafür braucht es eine möglichst grosse Oberfläche. Darum ist die Darmwand mit vielen kleinen Ästen übersät, welche ins Innere ragen. 

 

Bei bestimmten Erkrankungen des Darms entstehen Entzündungen, welche die Darmwand schädigen. Insbesondere die Verästelungen nehmen dann ab. Da die Lactase aber direkt in der Darmwand sitzt, ist bei Schädigungen auch die Menge an Enzym stark reduziert. 

 

In solchen Fällen kommt es ebenfalls zu Lactoseintoleranz. Krankheiten, welche solche Probleme auslösen können, sind zum Beispiel Zöliakie oder Morbus Crohn.  

Das Lactase-Enzym sitzt an der Darmoberfläche. Wenn die Darmwand geschädigt wird, ist auch automatisch weniger Lactase vorhanden, was zu einer sekundären Laktoseintoleranz führen kann.
Das Lactase-Enzym sitzt an der Darmoberfläche. Wenn die Darmwand geschädigt wird, ist auch automatisch weniger Lactase vorhanden, was zu einer sekundären Laktoseintoleranz führen kann.

Sorgfältige Abklärung wichtig

An gewissen Stellen werden Patienten schnell dazu verleitet, ihre Beschwerden auf eine Laktose-intoleranz zurückzuführen. Die Ursache für Darmbeschwerden sind jedoch sehr vielfältig und können nebst Nahrungsmitteln auch bestimmte Krankheiten umfassen. 

 

Die Diagnose der Laktoseintoleranz erfolgt mit einem Test beim Arzt. Dafür werden 50g reine Laktose verabreicht. Danach wird gemessen, ob Wasserstoff-Gas ausgeatmet wird, welches bei Intoleranz produziert wird.

Therapie

In erster Linie braucht es eine Umstellung der Ernährung. In aller Regel gibt es auch bei festgestellter Laktoseintoleranz eine Restmenge, welche problemlos vertragen wird. Nicht alle Milchprodukte enthalten gleich viel Laktose. Es sollte zusätzlich auf die Kalziumzufuhr geachtet werden, da Laktoseintolerante häufiger an Osteoporose (Knochenschwäche) leiden. 

 

Während Frischmilch etwa 5g Laktose pro Deziliter enthält, enthalten 100g Sauerrahm noch etwa 3 Gramm. Hartkäse wie Emmentaler sind mit weniger als 0.1 Gramm pro 100 Gramm praktisch laktosefrei. Es ist also nicht zwingend nötig, sämtliche Milchprodukte aus dem Speiseplan zu entfernen. Eine nahezu 100%-ige Laktoseintoleranz ist selten. Auch der Laktosegehalt von Tabletten ist in der Regel sehr gering, sodass nicht in jedem Fall auf ein Medikament verzichtet werden muss, wenn es Laktose enthält. 

 

Zudem gibt es Enzympräparate, welche die nötige Lactase zur Verfügung stellen. Sie können ergänzend eingesetzt werden, um zum Beispiel bei einem Restaurantbesuch sicher vor höheren Lactosemengen sicher zu sein. 

 

Bei Feststellung einer Erkrankung des Darms muss diese entsprechend behandelt werden. Ausserdem scheint auch die Darmflora einen wichtigen Einfluss auf die Darmgesundheit zu haben. Einige Bakterienarten verdauen selbst Laktose, ohne dass dies für den Menschen negative Folgen hat. Es gibt einige Präparate, die entsprechend vermarktet werden, es gibt aktuell aber zu wenige Studien, um einen generellen Einsatz zu empfehlen. Versuche im Einzelfall sind jedoch möglich.

Quellen:

Smollich/Vogelreuter: Nahrungsmittelunverträglichkeiten. 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2018, S. 10-46. 

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