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Revidiertes Heilmittelgesetz: Das wird neu

2015 wurde das Heilmittelgesetz revidiert. 2019 treten die entsprechenden Verordnungen in Kraft. Dies bringt für Konsumentinnen und Konsumente einige wichtige Neuerungen, wenn es um den Bezug von Medikamenten geht. 

Mehr verschreibungspflichtige Medikamente aus der Apotheke

Traditionell ist ein Arztbesuch mit Ausstellung eines Rezeptes nötig, um ein rezeptpflichtiges Medikament in der Apotheke zu erhalten. Bisher durften Apotheker solche aber auch in Ausnahmefällen in eigener Verantwortung abgeben.

 

Nach dem neuen Gesetz soll dieses "Notfallrecht" zu einer routinierten Tätigkeit werden. Das bedeutet, dass Apotheker bestimmte Medikamente ohne ärztliches Rezept abgeben dürfen. Es müssen aber Bedingungen eingehalten werden, zum Beispiel dass eine persönliche Vorabklärung durch den Apotheker stattfindet und dass die Abgabe im Patientendossier festgehalten wird. 

 

Für Patienten bedeutet dies, dass mehr Krankheitsbilder direkt in der Apotheke behandelt werden können, weil die entsprechenden rezeptpflichtigen Medikamente auch auf Verantwortung des Apothekers abgegeben werden können.

 

Anfragen auf rezeptpflichtige Medikamente, die man früher schon mal vom Arzt hatte, können so ebenfalls unkomplizierter gehandhabt werden. Die Abgabe bleibt aber in der Entscheidungs-kompetenz des verantwortlichen Apothekers. Für eine seriöse Behandlung ist es nicht möglich, rezeptpflichtige Medikamente "einfach so" zu kaufen.

Einige Medikamente werden neu verschreibungspflichtig

Nach altem Gesetz gab es bei rezeptfreien Medikamenten die Abgabekategorien E (frei verkäuflich, zum Beispiel Ricola Bonbons), D (verkäuflich in Apotheken und Drogerien, z. B. Panadol) und C (verkäuflich nur in Apotheken, z.B. Neocitran). 

 

Das neue Gesetz macht nur noch eine Grobeinteilung in freiverkäuflich (Grossverteiler, Detailhandel) und Fachhandel (Apotheken und Drogerien). Da die Kategorie C aber einige Medikamente enthält, welche eine höheres Risiko auf Nebenwirkungen oder Interaktionen mit anderen Medikamenten haben, werden diese in die Kategorie "verschreibungspflichtig" umgeteilt. 

 

Welche Medikamente das genau betrifft, wurde von Swissmedic in der folgenden Liste publiziert. Sie ist allerdings noch nicht 100% definitiv.  Dies bedeutet, dass in Zukunft beim Kauf neben der üblichen Fachberatung  auch neu die Dokumentation in einem Patiendendossier notwendig wird. Die Anzahl betroffene Medikamente ist ziemlich klein und betrifft vor allem starke Hustenstiller, die entweder ein Missbrauchspotential haben oder starke Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben.

 

Dies bedeutet für Konsumentinnen zu Anfang etwas mehr "Komplikationen" beim Kauf dieser Produkte. Für eine angemessene Abwägung von Freiheit und Sicherheit ist dieser Schritt jedoch sehr sinnvoll und erhöht die Patientensicherheit. Zudem sind nur ein paar wenige Medikamente von dieser Umteilung "nach oben" betroffen.

Vermehrt rezeptfreie Produkte neu in Drogerien und Grossverteiler

Einige bisher als Arzneimittel registrierte Medikamente wie Muskelgels sollen in Zukunft auch im Detailhandel verkäuflich sein. Welche Produktekategorien dies genau betrifft, steht noch nicht fest.

 

Neben bisher bekannten Produkten werden hier sehr wahrscheinlich auch neue Produktelinien lanciert werden. Diese unterliegen nicht den gleichen gesetzlichen und wissenschaftlichen Anforderungen wie richtige Medikamente.  Für Konsumenten wird es hier schwieriger werden, die Wirksamkeit und den Nutzen eines Produkts abzuschätzen. 

 

Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass zahlreiche Produkte wie Medikamente aufgemacht werden, in Wirklichkeit aber nur Pflegestoffe enthalten oder solche, deren Wirkung nicht richtig belegt ist. Auch pflanzliche Produkte mit zu tiefer Dosierung oder unklarer Herstellungsmethode werden zuhauf angeboten. 

Arztrezept als Patientenrecht

Wenn der Arzt ein rezeptpflichtiges Medikament selber abgibt, muss er vorher für den Patienten eine entsprechende Verordnung erstellen. Zudem darf er Patienten nicht beeinflussen, wenn es darum geht, an welchem Ort die Medikamente bezogen werden.

 

Diese Bestimmung wurde zum Schutz der Patienten erlassen, weil Ärzte bei der Abgabe teils erheblichen Druck auf ihre Patienten ausüben. Es erhöht gleichzeitig die Sicherheit des Patienten, wenn der Name seiner Medikamente auf einem Dokument festgehalten sind. 

Fazit

Konsumenten erhalten ab 2019 mehr Möglichkeiten, alltägliche Beschwerden in der Apotheke behandelt zu lassen. Rezeptpflichtige Medikamente, die gelegentlich für klar festgehaltene Behandlungen benötigt werden, können ebenfalls einfacher erhalten werden. 

 

Gewisse bisher rezeptfreie Medikamente unterstehen neu der Verschreibungspflicht. Dies bedeutet etwas mehr Aufwand beim Kauf, erhöht unter dem Strich aber die Sicherheit und damit auch die Qualität. 

 

Gewisse Produktekategorien werden neu auch im Detailhandel erhältlich sein. Brauchbare wissenschaftliche Deklarationen werden aber gegenüber Werbeslogans und Heilversprechen in den Hintergrund treten. Daher sollten Konsumenten diese Produkte mit grosser Aufmerksamkeit begutachten. Bei unklaren Beschwerden und speziellen Bedürfnisse ist der Apotheker noch immer der bessere Berater als das Rabattschild im Regal. 

 

Das Recht der Patienten, den Bezugsort für ihre Medikamente selbst zu wählen, wurde gesetzlich verankert. Dadurch sollen Missbräuche bei der Medikamentenabgabe reduziert werden.

Autor:

Florian Sarkar, eidg. dipl. Apotheker

 

Letztes Update: 21.11.2018