Es gibt viele Situationen, in denen Tabletten geteilt oder zerkleinert werden. Aus pharmazeutischen Gründen ist dies jedoch nicht immer möglich. Die Folgen können Wirkungsverlust oder mehr Nebenwirkungen sein. Was hinter dieser scheinbar simplen Frage steht, erfahren Sie in diesem Artikel.
Ist der Wirkstoff säureempfindlich?
Es gibt Wirkstoffe, die von der Magensäure zerstört werden. Darum wird die Tablette mit einem magensaftresistenten Film überzogen. Ironischerweise sind zum Beispiel Magensäurehemmer (Pantoprazol, Omeprazol, etc.) empfindlich gegen Magensäure. Sie müssen erst ins Blut aufgenommen werden und hemmen dann von "Innen" her die Zellen, welche Magensäure produzieren.
Das Brechen der Tablette würde daher zum Wirkungsverlust führen. Es gibt jedoch clevere Formen wie "MUPS-Tabletten", bei welchen der Wirkstoff erst in magensaftresistente Kügelchen verpackt wird, die danach zu Tabletten verarbeitet werden. Solche Tabletten kann man trotzdem teilen oder auch auflösen, jedoch nicht mörsern.
Wird schnell darf der Wirkstoff aufgenommen werden?
Einige Wirkstoffe werden an und für sich sehr schnell ins Blut aufgenommen. Dies kann zu mehr Nebenwirkungen und kurzer Wirkungsdauer führen. Darum werden einige Medikamente als Retard-Tablette verarbeitet. Solche Tabletten lösen sich nur langsam auf und geben den Wirkstoff verzögert ab.
Das Aufbrechen oder Mörsern der Tablette kann hier zu unbeabsichtigt schneller Wirkung führen. Zum Beispiel wird der Blutdrucksenker Nifedipin nur in Tabletten mit verzögerter Freisetzung verarbeitet. Eine schnelle Aufnahme kann plötzlichen Schwindel und Benommenheit auslösen.
Ist halbe Tablette gleich halbe Dosis?
Es gibt Tabletten, bei denen der Wirkstoff zwar weder empfindlich noch riskant ist, aber eine exakte Dosierung nicht möglich ist. Hierfür muss man folgendes bedenken: Wenn eine Tablette mit 5mg beschriftet ist, sind nicht automatisch 5.0mg drin. Das europäische Arzneibuch erlaubt produktionsbedingt eine gewisse Abweichung, das heisst pro Tablette sind zwischen 3.75 und 6.25mg Wirkstoff enthalten.
Wird eine solche Tablette geteilt, können also zwischen 1.88 und 3.13mg enthalten sein, was einer Abweichung um bis das Doppelte entspricht. Wird ein solches Medikament täglich eingenommen, kann dies zu recht unregelmässigen Wirkungen führen. Für die Teilbarkeit von Tabletten verlangt die Arzneimittelbehöre Swissmedic darum Belege dafür, dass beim Teilen die Dosishalbierung exakt ist.
In der Praxis werden zum Teil trotzdem solche Tabletten geteilt. Es ist jedoch unerforscht, was die Folgen für Patienten sind.
Ist der Wirkstoff gefährlich für den Magen?
Gewisse Medikamente greifen den Magen an. Das tun sie in der Regel aber über die Wirkung, welche sie über die Blutbahn entfalten. Einige wenige sind jedoch auch schon im Magen selbst eher aggressiv. Das wohl bekannteste Beispiel ist Acetylsalicyl-säure (Aspirin). Darum sind die Tabletten von Aspirin cardio magensaftresistent und sollen vor dem Essen eingenommen werden, obwohl man normalerweise die Einnahme nach dem Essen empfiehlt.
Achtung Zierbruchrille!
Manche Tabletten haben zwar eine Bruchrille, sind aber nicht teilbar. Solche "Zierbruchrillen" entstehen durch den Stempel der Tablettiermaschine, obschon kein Teilen vorgesehen ist. Daher bedeutet eine Bruchrille nicht automatisch, dass die Tablette geteilt werden kann.
Es gibt keine Faustregel
Ob man eine Tablette teilen oder mörsern darf, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Im Zweifelsfall sollte man daher immer in der Apotheke nachfragen, ob dies geht. Die Konsequenzen können manchmal entscheidend für die Wirkung einer Therapie sein.
Autor:
Florian Sarkar, Fachapotheker in Offizinpharmazie
Quellen:
Trickreiche Therapieoptimierung. Pharmazeutische Zeitung, 16.2.2010